
Hier eine mögliche strukturierte Antwort zu diesem nicht einfach einleuchtenden Zusammenhang – im Sinne einer professionellen Vorgehensweise, wie man mit einem unbekannten Zulieferer umgeht und wie ISO 9001:2015 dabei hilft:
Vorgehen beim Einsatz eines unbekannten Zulieferers
Wenn ein Ihnen unbekannter Hersteller signalisiert, dass er interne Engpässe kompensieren kann, sollten Sie trotz des positiven Angebots systematisch prüfen, ob er zuverlässig, fähig und qualifiziert ist. Gerade in kritischen Lieferketten ist Vorsicht sinnvoll.
Ein sinnvolles Vorgehen wäre:
1. Anforderungsdefinition
- Klar definieren, welche Spezifikationen, Stückzahlen, Qualitätsanforderungen, Zertifikate oder Lieferzeiten erfüllt werden müssen.
- Diese Anforderungen sind Grundlage für die spätere Bewertung.
2. Lieferantenvorauswahl (Screening)
- Recherche über Reputation, Referenzen, Zertifizierungen (z. B. ISO 9001), Finanzlage und Standort.
- Erste Bewertung: Ist der Lieferant überhaupt geeignet?
3. Lieferantenbewertung gemäß ISO 9001:2015
Die Norm ISO 9001:2015 beschreibt im Abschnitt 8.4 – Steuerung von extern bereitgestellten Produkten und Dienstleistungen die Anforderungen an das Lieferantenmanagement.
Wesentliche Punkte:
a) Bewertung der Fähigkeit des Lieferanten
- Technische Kompetenz
- Produktionskapazität
- Qualitätssicherungsprozesse
- IT-Systeme und Dokumentation
- Risikomanagement und Redundanzen
b) Risikobasierte Betrachtung
- Wie kritisch ist dieses Bauteil für Ihre Produktion/Endprodukt?
- Welche Folgen hätte ein Lieferausfall oder Qualitätsproblem?
- Je höher das Risiko, desto intensiver die Prüfung (Audit, Musterteile, PPAP).
c) Erstbemusterung / Validierung
- Musterteile anfordern, Prüfberichte einsehen, ggf. Messungen oder Tests durchführen.
- Sicherstellen, dass die Bauteile den Anforderungen entsprechen.
d) Vertrags- und Prozessklarheit
- Klare Vereinbarungen zu:
- Spezifikationen
- Lieferfristen
- Qualitätskriterien
- Reklamationsabläufen
- Vertraulichkeit
- Eskalationsmechanismen
4. Überwachung nach Erstfreigabe
- Nach erfolgreicher Freigabe erfolgt eine kontinuierliche Bewertung:
- Liefertermintreue
- Qualitätsperformance (z. B. ppm-Werte)
- Reaktionsfähigkeit
- Kostenentwicklung
5. Dokumentation
- Nachweis über die Bewertung und Freigabe muss vorliegen – dies fordert ISO 9001 explizit.
- So wird sichergestellt, dass die Entscheidung nachvollziehbar und auditfest ist.
Warum ISO 9001:2015 hier hilft
Ihre Aussage trifft zu: Die Norm deckt tatsächlich alle relevanten Aspekte des Lieferantenmanagements ab:
✔ systematische Auswahl neuer Lieferanten
✔ risikobasierte Bewertung
✔ Nachweisführung
✔ Überwachung und Periodenbewertung
✔ Sicherstellung, dass zugekaufte Teile die Anforderungen erfüllen
Wenn diese Anforderungen beherzigt werden, minimiert sich das Risiko unangenehmer Überraschungen deutlich.
Fazit
Ja – ein Blick in die ISO 9001:2015 oder der Austausch mit jemandem, der im Qualitätsmanagement erfahren ist, ist absolut sinnvoll.
Folgt man dem darin beschriebenen Lieferantenmanagement-Prozess, kann man auch neue oder unbekannte Lieferanten zuverlässig und systematisch qualifizieren.
Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen auch eine strukturierte Checkliste oder eine Lieferantenbewertungsmatrix nach ISO 9001 erstellen.
